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Das Franzosengrab bei Lachendorf

Teil 2 (auch veröffentlicht im Sachsenspiegel der Celleschen Zeitung am 13.08.2023)

Art.-Nr. oder Buch-ISBN : Frz-Grab-02


Alle Fakten sind belegt, Nachweise im Sachenspiegel-Artikel in der Celleschen Zeitung vom 12.08.2023

auf Anfrage
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- Teil 2 -

Eine alte Fotografie des Franzosengrabes

Im Archiv des Landkreises Celle (Kreisarchiv) befindet sich eine Sammlung von etwa 1.500
Fotografien, welche der Naturdenkmalpfleger Hermann Rüggeberg im Auftrag der
Kreisverwaltung zur Erfassung der Naturdenkmale im Landkreis Celle im Zeitraum von den
1920er Jahren bis in die 1950er Jahre hinein angefertigt hat. Weiterhin hat Hermann
Rüggeberg alles für ihn Interessante fotografiert.

Unter diesen Fotografien befindet sich auch eine aus dem Jahr 1927, welche das
Franzosengrab zu jener Zeit zeigt. Die damalige Ansicht der Baumgruppe unterscheidet
sich erheblich vom heutigen Bewuchs der Fläche.

Ein feines Detail in der Fotografie aus dem Jahr 1927: neben den eindrucksvollen sieben
Kiefern ist im linken Bereich ein kleinerer Laubbaum erkennbar.

Da dieser Laubbaum deutlich jünger als die Kieferngruppe ist und nicht in das optische
Erscheinungsbild der Kieferngruppe passt (deren einzelne Bäume aufgrund der erkennbaren
Stammstärke im Übrigen ungefähr gleichaltrig zu sein scheinen), ist dieser junge Baum ohne
Zweifel von selbst aufgelaufen. Aufgrund des Standplatzes erscheint es als unzweifelhaft,
dass es sich bei diesem jungen Baum um die noch heute auf dem Franzosengrab stehende
(und nunmehr imposante) Eiche handelt.

Aber: wenn diese Eiche nach der Fotografie aus dem Jahr 1927 eindeutig von einer deutlich
älteren Kieferngruppe dominiert wird, kann diese Eiche zur Zeit des Krieges 1870/71 nicht
als Markierung für ein Franzosengrab gepflanzt worden sein.
 
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Altersbestimmung der Kiefern

Für die Altersbestimmung von Kiefern wird mit gleichen Tabellenwerten wie für Eichen
gerechnet2. Der auf dem Foto von 1927 erkennbare Stammdurchmesser der Eiche ist etwa
halb so stark wie derjenige der Kiefern. Nimmt man also nach der zuvor angestellten
Altersbestimmung der Eiche an, dass die Eiche in etwa um das Jahr 1871 aufgelaufen ist, so
waren die Kiefern zu diesem Zeitpunkt etwa doppelt so alt wie die Eiche es im Jahr 1927
war, also 56 Jahre.

Vom Jahr 1871 aus 56 Jahre zurückgerechnet, wären die Kiefern daher circa im Jahre 1815
aufgelaufen.

Jedoch ist bei einer Altersbestimmung nach Umfang und Tabelle das ermittelte Jahr nicht
genau zu nehmen, denn bei dieser Altersbestimmung umfasst die Genauigkeit etwa ein
Jahrzehnt. Die Kiefern könnten also auch einige Jahre vor oder nach 1815 aufgelaufen sein.
 
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Bei Betrachtung der Fotografie des Franzosengrabes aus dem Jahr 1927 fällt sofort auf,
dass die Kiefern nahezu in einer Linie stehen. Aufgrund dieser Struktur erscheint es als
unwahrscheinlich, dass die Kiefern von selbst aufgelaufen sind. Eher wahrscheinlich ist es,
dass die Kiefern um das Jahr 1815 herum (und damals bereits mehrjährig) von
Menschenhand angepflanzt wurden. Warum?
 
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Die Franzoseneiche von Lachendorf

Im Kreisarchiv findet sich eine weitere von Hermann Rüggeberg angefertigte Fotografie4,
welche durch eine von Rüggeberg selbst verfasste Anmerkung sehr genau beschrieben ist:
„Franzoseneiche Hof Drewsen, 01.05.1927: Der sich nach links erstreckende fast
horizontale Ast heißt der "Franzosenast". An ihm sollen in der Franzosenzeit 1807-1813 die
Franzosen 7 Marodeure aufgehängt haben. Umfang: 4,40 m. Besitzer: Major Drewsen,
Lachendorf“.

„Der Marodeur bezeichnet jemanden, der am Rande von Kampfhandlungen brandschatzt,
plündert, erpresst, raubt, stiehlt, vergewaltigt und mordet.“

Nachforschungen hierzu haben ergeben:

Am oder kurz nach dem 18. April 1813 versuchten französische Soldaten „eine Plünderung
ins Werk zu setzen, wurden aber durch ihre Offiziere wieder zur Ordnung gewiesen.“

Unklar ist in diesem Zusammenhang, auf welchem Gebiet sich die Plünderungen bzw. das
Marodieren hätten erstrecken sollen bzw. bereits erstreckt haben, ob also nur Celle betroffen
war oder nur oder auch umliegende Dörfer wie Lachendorf, denn das gesamte Gebiet
jenseits der Aller bis nach Eldingen hin war frei von gegnerischen Truppen, welche sich
gegen die französischen Soldaten hätten stellen können.

Also muss auch Lachendorf frei von alliierten Truppen gewesen sein, so dass es als möglich
erscheint, dass sich am oder kurz nach dem 18. April 1813 französische Soldaten in
Lachendorf aufgehalten haben.

Wie kann die „Weisung zur Ordnung“ ausgesehen haben?

Eine Weisung ist der heutigen Bedeutung nach eine „Anordnung oder Hinweis, wie etwas zu
tun ist, wie man sich verhalten soll.“

Wurde das begonnene Plündern daher nur durch bloße Ansprache unterbunden? Kann ein
Plündern überhaupt durch bloße Ansprache unterbunden werden? Vermutlich nicht.

Wenn konkret auf Umstände zur Franzoseneiche und zum Franzosengrab geblickt wird,
kann die „Weisung zur Ordnung“ ohne weiteres in Richtung der Ahndung eines
Militärverbrechens erfolgt sein:

„Bei den nach der preußischen oder französischen Armee organisierten Heeren folgen die
Strafen in folgender Ordnung:

Todesstrafe, meist durch Erschießen exekutiert, steht auf (…) Plünderung unter
erschwerenden Umständen. (…) Todesstrafe durch Erhängen findet hier und da noch
Anwendung bei Spionen, Marodeuren, Deserteuren etc.“, [wobei] „alle militärischen Strafen
(…) entweder auf disziplinarischem Wege oder durch gerichtlichen Spruch verhängt“
wurden.

Ob nun die hingerichteten Marodeure zuvor in Lachendorf Schaden anrichteten und sie
daher hier direkt vor Ort verurteilt und sogleich hingerichtet wurden oder ob sie in Celle
marodierten und, um einer Bestrafung zu entgegen, von Celle bis nach Lachendorf haben
fliehen können und sodann hier gestellt und abgeurteilt wurden, lässt sich nach bisher
gesichteten Quellen nicht ermitteln.

Da jedoch auf der Gräberstelle Kiefern gesetzt wurden, steht zu vermuten, dass die
Hingerichteten nicht in Lachendorf marodierten, sondern hier lediglich aufgegriffen wurden.
Das Entsetzen über die zwangsläufig öffentliche Hinrichtung könnte mit dem Setzen je einer
Kiefer für jeden der sieben Hingerichteten verarbeitet worden sein.
 
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Aufgrund der gemachten eingehenden Recherchen und Überlegungen kann es als sicher gelten,
dass das Lachendorfer Franzosengrab entgegen der anderslautenden Darstellung im Heimatbuch
für den Landkreis Celle „Der Speicher“ nicht mit dem 7-jährigen Krieg in Verbindung steht.

Vielmehr ist es im April 1813 zunächst an der Franzoseneiche zu der Hinrichtung von sieben
französischen Soldaten gekommen und sodann nachfolgend zu deren Bestattung am Ort
des Franzosengrabes (dieses Gelände gehörte vermutlich bereits zur damaligen Zeit dem
landwirtschaftlichen Zweig der Firma Drewsen11, womit sich die Ortswahl der Bestattung
erklärt; einen Lachendorfer Friedhof gab es seinerzeit noch nicht, aber das ist ein anderes
Thema). Für die sieben Toten wurden sieben Kiefern gesetzt.
 
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Das Erscheinungsbild heute

Die Franzoseneiche auf dem Gelände der Papierfabrik Drewsen wurde erstmals durch die
Verordnung vom 28.12.1936 zum Naturdenkmal ausgewiesen, was 1986 durch eine neue
Naturdenkmalsverordnung bestätigt wurde. Der Baum ist aufgrund seines Alters (im Jahre
1936 ca. 550 Jahre) und seiner besonderen Wuchsform unter Schutz gestellt worden.

Aufgrund ihres Alters wurde die Eiche mehrmals gutachterlich untersucht, wobei das
Ergebnis des letzten Baumgutachtens von November 2008 ergab, dass eine
Verkehrssicherheit nicht mehr gegeben war, denn der Hauptstamm sowie der Nebenstamm
waren hohl und durch Braunfäule zersetzt. Es gab Risse, Beulen sowie Pilzfruchtkörper. Die
Restwandstärke war nicht mehr ausreichend, um die Krone sicher zu tragen.

Die zu erwartende Reststandzeit des damals schon vitalitätsgeschwächten Baumes wurde,
auch bei etwaiger Durchführung eines starken Rückschnitts, auf nur noch wenige Jahre
geschätzt. Da zudem ein starker Kronenrückschnitt das Erscheinungsbild stark verändert
hätte und damit den Status des Naturdenkmals gefährdet gewesen wäre, wurde zugunsten
der Verkehrssicherheit am 02.12.2008 die Fällung der Franzoseneiche durchgeführt.

Ebenfalls nichts mehr geblieben ist von den ehemals angepflanzten sieben Kiefern des
Franzosengrabes, obwohl eine Kiefer etwa 300 Jahre alt werden kann. Damit ist es nicht
abwegig, dass die Kieferngruppe als Bezeichnung der Gräberstelle eigentlich doch auch
heute noch vorhanden sein sollte.

Hinsichtlich des Verbleibs der sieben Kiefern ist es sehr wahrscheinlich, dass diese einem
am 14.11.1940 herrschenden Orkan zum Opfer fielen wie ebenfalls tausende andere Bäume
auf dem Gebiet des Waldgebietes zwischen Lachendorf und Celle, der Sprache.
Diesen Orkan überstanden hat die heute das Franzosengrab schmückende Eiche, welche
entsprechend der 2017er Ausgabe der amtlichen topographischen Karte als „hervorragender
Laubbaum“ ausgezeichnet wurde.
 
ENDE

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